Mittwoch, 13. August 2014

Erinnerung, sprich!

Es gibt genau zwei zuverlässige Arten sich zu erinnern: Anhand von Musik und anhand von Gerüchen. Alle anderen Erinnerungen sind Gaukeleien des Verstands, Umbiegungen des Intellekts, Anpassungen unserer Erklärungszwänge. Aber Musik und Gerüche sind die wirklichen Medien der Mnemosyne. Ischwör!

Jeder kennt das, dass ihn ein Geruch plötzlich entrückt in eine ferne Zeit. Meist, nicht immer, verbinden sich mit diese Gerüchen angenehme Erinnerungen, Gedanken an Orte und Menschen, von denen manche geblieben sind und manche sich verändert haben. Um mal die Beatles zu zitieren. Menschen verändern ihre Gerüche ja im Laufe der Zeit, aber es gibt ein paar Menschen, die riechen noch immer wie vor zwanzig Jahren, und das ist manchmal wunderschön.

Das zweite Hauptmedium Mnemosynes ist, wie gesagt, die Musik. Ich erinnere mich noch daran, als ich irgendwo neben dem Ofen unserer saß und mir "All You Need Is Love" anhörte. Ich war vierJahre alt, und meine Mutter, großer Beatles-Fan vor dem Herren,  putzte gerade ein Fenster, während ich mir die vier bärtigen Männer auf dem Cover anschuate. Und dazu erzählte meine Mutter die Geschichte, dass diese vier Männer sich gerade furchtbar streiten würden, und es wäre sehr unsicher, ob sie überhaupt noch einmal Musik machen würden. Mir war damals nicht klar, wie man sich streiten konnte, wenn man so schöne Musik machte, aber so sind die Menschen eben. 

Auch mit eigenen Stücken verbinden sich oft viele, oft ungeordnete Erinnerungen. "I Don't Know" gehörte zu de Stücken, die S. und ich geschrieben haben und die wir im Studio für unsere ersten Kassette ("More Than A Fine Finish ...") aufgenommen haben. 1985 war das. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Die Kassette verkaufte sich rasend, EMI wurde auf uns aufmerksam, wir bekamen unseren ersten Plattenvertrag und brachten in den 1980er Jahren ein Hitalbum nach dem nächsten auf den Markt. Leider stieg uns der frühe Ruhm zu Kopf. T., unser Schlagzeuger, sprengte eine Hoteltoilette nach der ... Na gut, es war ein bisschen anders. Wir verkauften, glaube ich, 25 oder 30 Exemplare unserer Kassette. Und T. sprengte keine Toiletten.

Aber den Song nachm ich etwa 20 Jahre später noch einmal mit The Laughing Man auf. Wie die erste Aufnahme von 1985, so ist auch diese zweite keine State-of-the-Art-Aufnahme der Studiokunst. Irgendwas knackt und knisterte bei der Aufname beständig, und was im Studio an Technik bereit stand, war sehr übersichtlich. Aber trotz dieser knisternden Version tauchen mit diesem Song die frühen 1980er Jahre wieder vor mir auf, und all die Dinge, mit denen wir zu tun hatten, mit der Liebe, dem Ausblick auf den Weltruhm, griechische Zigaretten und Anhalter-Fahrten nach London. 

Hier ist der Song in der neueren Version. Aber eure Erinnerungsträger sind natürlich ganz andere:


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