Sonntag, 18. September 2005

Sinnkrise

Während meiner bisherigen Karriere als junger Blogger habe ich mir immer wieder die Sinnfrage gestellt. Aus dokumentarischen Gründen hier noch einmal:


Hi, hi, Hey, hey,
maybe I will come back some day.
Patti Smith: 'Frederick'


Es war der 25. Februar 2005, als ich im Vorgängerblog zur hiesigen Stube etwas schrieb, was mich längere Zeit beschäftigt hatte. Da das alte Blog nur noch als Verweis existiert und dort also nicht mehr nachzulesen ist, was ich seinerzeit geschrieben habe, kann man es nun hier anschauen. Die Frage, um die es dort ging, nachdem ich meine ersten Blog-Erfahrungen gesammelt hatte, war die, ob mein Leben Blog-kompatibel ist. Die Frage blieb unbeantwortet stehen, obwohl ich damals erst einmal weiter gemacht habe, zwar mit deutlich reduzierter Kraft, aber doch mehr oder weniger regelmäßig.
Aber leichtes Unbehagen blieb - bis heute.

Inzwischen denke ich, dass ich anders fragen muss: Es geht gar nicht darum, ob es für mich sinnvoll ist, ein Weblog zu füttern. Vielmehr geht es darum: Ist ein Weblog in der Art des STUBENHOCKERs eins, das dem entspricht, was ich will und erwarte? Denn zugegebenermaßen sind Höhenfüge hier weitgehend ausgeblieben. Es gibt keinen Beitrag, dem man eine Originalität zugestehen könnte, die den Aufwand hier rechtfertigen würde (sowohl von Autoren- als auch von Leserseite aus), vielleicht einmal abgesehen von zwei oder drei Fotografien, aber was die angeht, stehe ich, glaube ich, mit dieser Meinung sowieso recht alleine da ...

Manchmal möchte man ja die Antworten auf solche Fragen nicht wirklich hören. So war es auch in meinem Fall. Aber allmählich muss ich mir doch eingestehen: Ein persönliches Blog, wo der Stubenhocker als leicht fiktionalisierte Figur aus den Bereichen von A bis Z plaudert, schreibt, kommentiert, ist - zumindest gegenwärtig - nichts, was mich in irgendeiner Weise beflügelt. Entsprechend ist natürlich das Ergebnis. Wer sich auch nur in halbwachem Zustand durch das Netz bewegt, der stößt schnell auf eine ganze Menge persönlicher Weblogs, die besser sind. Eine kleine Liste findet sich ja links. Diesen ausgewachsenen Blogs muss nicht ein halbherziger Versuch an die Seite gestellt werden, dessen Urheber inzwischen weiß, dass er hier mit absoluter Sicherheit nicht sein optimales Medium gefunden hat.

Deshalb findet der STUBENHOCKER in seiner bisherigen Form auch erstmal sein wohlverdientes Ende. Keine persönlichen oder semipersönlichen Beiträge mehr. Die Stube wird ausgekehrt!

Ob ich meine Leseliste und einige weitere Rubriken weiterführen werde, ob ich darüber hinaus hin und wieder ein Foto herzeige, das mir besonders gelungen zu sein scheint, weiß ich im Moment noch nicht. Das werden die nächsten Tage zeigen. Erst einmal sage ich: Lebt wohl! Keep on rockin'!

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Sonntag, 18. September 2005
No Tears for the Creatures of the Web
stubenhocker, 16:01h
Es ist wieder einmal Freitag Nachmittag, und erneut teile ich mir das Gebäude mit dem Reinigungs-Kommando, denn ich muss noch etwa 1000 Seiten ausdrucken, und das mit einem Drucker, der die einzelnen Seiten sorgfältig zu malen scheint. In solchen Augenblicken, in denen man mit niemandem reden kann als mit seinem lahmen Drucker, ist so ein Weblog natürlich schon eine feine Sache. Dennoch habe ich mir vorgenommen hier nun wieder ein wenig kürzer zu treten. Das Webloggen kostet einfach viel zu viel Zeit, denn wenn die Sache einmal läuft, gewinnt sie eine solche Eigendynamik, dass man fast jeden Tag damit beschäftigt ist, und sei es auch nur gedanklich. Irgendwann ist man dann schließlich soweit, dass man die Welt nur noch in blog-gerechten Einheiten wahrnimmt: ???Wie kann ich, was ich sehe und erlebe, in mein Weblog einbinden?“
Blogs sind in der Tat eine hervorragende Art und Weise sich von anderen Dingen abzulenken, abzutauchen in eine Parallelwelt, die selbst wenig von sich preisgeben möchte aber so viel wie möglich erfahren will. Denn das ist das ganze Geheimnis: Die Selbststilisierung im Blog schützt vor Angriffen von Außen. Schließlich ist der Stubenhocker ja keine reale Person, sondern ein Konstrukt, hinter der sich eine reale Person verbirgt. Der Stubenhocker ist ein Kunstprodukt wie alle anderen Ichs in den Blogs dieser virtuellen Welt: Mal näher dran am Autor des Blogs, mal meilenweit von ihm oder ihr entfernt, aber immer ein Kunstprodukt.
Natürlich ist diese Möglichkeit der Stilisierung sehr verlockend, da sie ja im öffentlichen Raum und also vor Publikum stattfindet. die berühmten 15 Minuten sozusagen. Außerdem ist man auch ein kleines bisschen der Dichter oder Regisseur oder Mini-Gott seines eigenen stilisierten Weblog-Ichs, das gibt natürlich noch einmal einen zusätzlichen Thrill.
Aber dieser Thrill kann eben allzu leicht ein das Leben zu sehr beherrschender werden. Und bevor das mit mir und meinem kleinen Mini-Blog hier auch geschieht, drossle ich also das Tempo erst einmal.
Nein nein, das hier ist kein Abschied, zumindest kein totaler. Der Stubenhocker muss sich halt nur ein bisschen selbstverwirklichen – außerhalb des Internets. Aber wann immer ich irgendwo ein schönes Foto finde, dann werde ich es hier veröffentlichen – dafür lege ich sogar noch eine neue Abteilung an! Und wann immer ich in die Verlegenheit komme 1000 Seiten auszudrucken, werdet ihr mich wieder hier finden. In der Zwischenzeit aber bin ich anderswo.
Machts gut, ihr zwei, drei treuen Leser. Bis irgendwann mal ... Ciao!
[Erstveröffentlicht am 25.2.2005 bei http://stubenhocker.blog-it.de; dort nicht mehr vorhanden]

Freitag, 9. September 2005

Madsen in lauer Spätsommernacht

In Europa war es ja der 9. Dezember 1980. Morgens spielten sie einen ekeligen Elton-John-Song im Radio: "Song for a Guy". In der Schule dann betretenes Schweigen. Ein paar Tage später richteten wir eine Lennon-Wand ein: Jemand aus der Klasse hatte eine große Schwester, die bei der Zeitung arbeitete. Sie besorgte uns das Telefax der Nachrichtenagenur:
... lennon vor seinem haus angeschossen ...
... lennon stirbt an seinen schussverletzungen ...
usw. Der ekelhafte Bryan Ferry maßte sich an "Jealous Guy" zu verhunzen. Überhaupt wurde Lennon auf einmal Allgemeingut. Plötzlich lobte sogar die Ostpresse den "standhaften Anti-Vietnam-Kämpfer". Eine ernsthafte Beschäftigung mit der Musik Lennons wurde schwierig nach dem 8. bzw. 9. Dezember 1980.

Zur Vertiefung des Themas empfehle ich übrigens den netten kleinen Film Paul is Dead (D 2000). Hier wird auch geklärt, wer Lennon wirklich auf dem Gewissen hat. Und dass Paul bereits seit 1966 tot war, wussten wir ja ohnehin!