Freitag, 17. Oktober 2014

Langzeitlieblinge (1): Your Arsenal von Morrissey

Ich weiß gar nicht mehr, wer mir die Kassette damals überspielte, 1992, als das Album frisch erschienen. Aber ich weiß, dass es das erste Album von Morrissey war, das mich wirklich faszinierte. Und dass ich die Kassette zwei Jahre lang auf Dauerrotation in meinem damaligen Walkman hatte. Klar mochte ich Viva Hate, und sogar Kill Uncle konnte ich was abgewinnen – vor allem dem Kalauer-Text von „Our Frank“. Aber an die Smiths reichte das alles natürlich nicht einmal halbwegs heran. 

Und dann kam Your Arsenal. Ich habe seit jeher eine Schwäche für tröstliche Botschaften, die zwischen Kurzwellen-Salat aufblitzen! Und hier blitzen sie gleißend hell, zwischen Heiner Müller und der Verantwortung der junegn Leute für die Welt hindurch. Und so entsteht ein unerhört magisches Leuchten, das zwischen trostlosen Fußball-Hooligan-Gesängen hervorscheint oder zwischen bitteren National-Front-Disco-Studien. Für Titel wie „Seasick, Yet Still Docked“ hätte ich Morrissey damals sofort den Literaturnobelpreis verliehen. 

Darüber hinaus transportiert dieses Album eine wunderbare Stimmung, die sich einerseits durch die neue Band bzw. den neuen Songwriter Alain Whyte entfaltet, vor allem aber durch die wunderbare Produktion von Mick Ronson, der dieses Album erst zu dem macht, was es ist: eine schwarzweiße Sinfonie über einen Westen, der am Ende ist und dies damals nur kaschieren kann durch seinen spektakulären Sieg über den Osten. 

Es ist ein Album über Menschen, die sich in ihrer Einsamkeit einlullen lassen durch vage Zukunfts- und Heilsversprechen und in deren Leben wahre Liebe nur als Lüge vorkommt, worüber man sich aber natürlich vollkommen bewusst ist. Ein Album also über den Menschen in der Postmoderne. So gut, wie auf Your Arsenal war Morrissey später nie wieder, trotz Alain Whyte und seiner neuen Band, die ja noch fast zwanzig Jahre lang blieben. Mick Ronson starb 1993 an Krebs, und alle Produzenten, die danach kamen, konnten nur einen Bruchteil dessen hervorzaubern, was er damals aus diesem Album gemacht hat, das auch heute noch nichts von seiner damaligen Brillanz verloren hat. 

Morrisseys bestes Soloalbum

Und hier noch eine kleine Hommage an den Sänger:

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