Mittwoch, 24. Mai 2006

Wenn Lehrer schreiben

Der Mann mit dem nicht aussprechbaren Namen, Matthias (OK, das geht noch gerade so, aber jetzt:) Politycki ist ausgezogen,von der Welt des (Ex-)Akademikers aus das Leben zu entdecken und erschreiben. In seinem Weiberroman (rororo, etwa 10 EUR, hab nur ein Buch mit DM-Auszeichnung) zieht er ziemlich viele Register und gibt uns die faserigen Fragmente eines gescheiterten jungen Mannes, zu einem Roman historisch-kritisch zusammengelogen von seinem Freund seit Kindertagen (oder seinem Alter ego), nachdem er spurlos verschwunden ist. Auch der Freund verschwindet irgendwann, und so gibt Polidings - ähm: Politycki - den Roman heraus. Soweit die Herausgeber-Fiktion, mit der gleichsam die Editorik ein bisschen abgebürstet wird. Aber nur ein ganz kleines bisschen. Die Geschichte: Ein Dorfjugendlicher pubertiert und beginnt sich im Laufe seines Heranwachsens nicht nur für verschiedene Mädchen und Frauen (er unterscheidet genau!) zu interessieren, sondern tritt auch in verschiedene Interaktionen mit diesen, während er sich weigert erwachsen zu werden und einem geregelten Leben nachzugehen. Ja, das wäre es eigentlich schon. Außerdem geht es um Freundschaften, verschiedene Städte/Dörfer, Musik, Literatur, ein bisschen Zeitgeschichte pp. Das Buch hätte groß werden können, so wie einige der gescheiterten oder nicht entstandenen Beziehungen darin. Es hat Anlagen dazu, nicht zu knapp sogar. Einige Passagen, einige Ideen sind schlichtweg schön, gelungen, erstaunlich gut für deutsche Gegenwartsliteratur. Aber P. hätte sein Buch kürzen sollen. Denn die epische Breite, wohl eine Krankheit, die der Dichter sich wäherend seiner germanistischen Vergangenheit zugezogen hat, macht hier einiges kaputt. Witze, Verweise (musikalische, literarische, politycki... - politische, wollte ich sagen) Anspielungen, alles wird gleichermaßen so totgeritten, dass es irgendwann dann doch keinen Spaß mehr macht. P. schlägt einen mit Leitmotiven tot: Kuck mal hier, ich kann auch heavy leitmotiving! Er tut das, wozu viele neigen, die schon einmal von Beruf Dinge zu erklären hatten: Er unterschätzt sein Publikum, hält es wohl für langsam im Denken, meint, man müsse auf alles genau zeigen: mit der Lupe notfalls. Und das bekommt dem Buch nicht, macht es ein wenig zäh. Dabei hätte es wirklich groß sein können. Denn P. hat ja genug zu erzählen. Hätte genug zu erzählen.

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