Zumal auf der rechten Seite des Rheins ist das bergische Land ein einziger großer Industriebezirk, in welchem 550 Menschen auf den Quadratkilometer leben, eine Bevölkerungsdichtigkeit, wie sie nur in den fabrikreichen Gegenden Englands sich wiederfindet.
Im Mittelpunkt der bergischen Industrie ist das Thal der Wupper, in welchem die günstige Bodengestaltung zahlreiche Wasserkräfte in den Dienst der Gewerbe stellt. Hier liegt die Doppelstadt Barmen-Elberfeld, mit 242 000 Einwohnern; 10 km lang zieht sie sich durch das Thal hin, immer höher an den Geländen der das Thal einfassenden Höhenzüge hinaufsteigend, von Hunderten dampfender Essen überragt. Von bescheidenem Anfange, von dem Bleichen des Leinengarnes, ist ihre Größe ausgegangen, indem die Wupper als ein klares und zur Bleiche besonders geeignetes Wasser, sowie die bequemen Ufer, die Bewohner zuerst einluden, sich diesem Geschäfte zu widmen. Allmählich erreichten sie darin einen hohen Grad von Vollkommenheit, und daraus entstand ein zweiter Industriezweig, das Spinnen des Leinen- und Baumwollgarnes, wozu später noch Schnürriemen uind Schnüre kamen, Artikel, welche in der Folge zur höchsten Wichtigkeit stiegen und einen großen Teil des Wohlstandes gründeten. Hierzu kam bald auch die Weberei von allerlei Leinenzeugen, besonders von Borten und Burten, wovon große Sendungen ins Ausland, vornehmlich nach Westindien, gingen. Zeitig im vorigen Jahrhundert fing man auch an, außer gefärbten und gestreiften Leinen auch dergleichen halbbaumwollene Zeuge zu machen. Nach und nach stieg die Zahl von baumwollenen Zeugen bedeutend. Es entstanden nun auch Maschinenspinnereien, die Türkischrotfärberei, durch französische Emigranten aus Rouen an die Wupper verpflanzt, verbreitete sich, und den Baumwollfabriken folgten Seidenfabriken.
Elberfeld liegt zu beiden Seiten der Wupper ganz offen und ohne regelmäßige Anlagen. Das sogenannte Kipdorf und Island sind alt und eng gebaut, dagegen die neuen Stadtteilem, besonders Westende, haben viele große, palastartige Häuser. Unmittelbar an Elberfeld flußaufwärts schließt sich Barmen an, das aus Ober-Barmen, Gemarke in der Mitte und Unter-Barmen nebst vielen kleinen Ortschaften und einzelnen Höfen und Häusern besteht, die längs der Wupper liegen und unter dem Namen Barmen erst durch Friedrich Wilhelm III. zu einer Stadt erhoben sind. Von dem bei Elberfeld gelegenen Hardterberge, der zu einer Promenade umgeschaffen ist, genießt man die schönste Aussicht auf die beiden Städte und die zahllosen Fabrikgebäude, Färbereien und Garnbleichen im Thale. Das ganze erscheint wie eine große Stadt, von schönsten Wiesen eingefaßt, welche zu Garnbleichen dienen. Der grüne Rasen ist stundenlang mit weißem feinen Garn bedeckt und von kleinen Wassergräben durchschnitten, aus denen das Garn mit großen Schaufeln besprengt wird. Hie und da sind große Räder, welche Wasser in Rinnen schöpfen, durch die dasselbe auf die entfernteren Bleichen geführt wird.
Aus: H.A. Daniel: Das deutsche Land: geographische Charakterbilder aus den Alpen, dem Deutschen Reich und Deutsch-Österreich. Neu bearbeitet und erweitert von Berth. Volz. Leipzig: O.R. Reisland, 3. Aufl. 1892, S. 234f.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen