Mittwoch, 24. Mai 2006
The Güüd's Göne
Die Sprache rumpelt wie eine alte tschechische Straßenbahn über ostdeutsche Schienen, und man weiß anfangs nicht, ob daran die Übersetzerin Christel Hildebrandt schuld ist oder Lars Saaby Christensen selbst, der mit seinem 570 Seiten Roman Yesterday (btb/Goldmann) vom Erwachsenwerden vier kleinbürgerlicher Jungs aus Oslo erzählt, die sich für John, Paul, George und Ringo halten und die Zeit zwischen "I feel fine" (Frühling 1965) und Päules "Wild Life" (1971/72) mit Grandiosem und vor allem grandiosem Scheitern verbringen. Das Leben - ein Tod, oder umgekehrt, in welcher philosophischen Stimmung man gerade ist. Aber nach einer Weile kommt man dahinter: Es ist Norwegen, es ist diese walblutuige und ölrauhe Ungeschliffenheit des Nordens. Erbarmungslos ist das, was erzählt wird, erbarmungslos und furchtbar direkt. Christensen brettert einem seine Leitmotive um die Ohren, dass es seine Art hat. Das sitzt wie die vielen Schläge und Schicksalsschläge im Buch. Und alles klingt, als würde eine riesige große Erzählmaschine laufen, aber es quietscht und ratscht und schleift an allen Ecken und Enden, weil es so kalt ist, dass das Öl zu Klumpen wird. Norwegen eben! Dahinter jedoch, darüber und dazwischen entsteht eine Poesie, die seltsam fein und weich daher kommt, wohl vor allem deshalb, weil man sie nicht erwartet, und weil sie abseits all dieses ewig wiedergekäuten Plastikmülls liegt, der einem im Film und in den Büchern all der so toll erzählenden Autoren begegnet: ewig dasselbe, zusammen geklaut von irgendwo, und die Autoren dahinter abwaschbar, was sie auch sein müssen, weil sie sich vor lauter Publicity-Geilheit ja dauernd selbstbeejakulieren. Doch ich komme vom Thema ab. Christensen ist jedenfalls anders.[2001]
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